Dr. Oetker Stories
Das Haltbarmachen von Nahrung wird seit Jahrtausenden durch die Menschheit betrieben. Es gibt viele Methoden der Konservierung, aber keine erhält die Qualität des Essens so wie diese bahnbrechende Idee: Vor 100 Jahren revolutioniert Clarence Birdseye mit der Tiefkühlung die Lebensmittelindustrie.
6.3.2023 • Geschichte
1923 entwickelt der Amerikaner Clarence Birdseye eine Methode für das Tiefgefrieren von Lebensmitteln. Die Tiefkühlkost ist genauso nahrhaft und oft sogar von besserer Qualität als Frischware. Ausgehend von den USA feiert die Tiefkühlung ihren Siegeszug. Seit 1960 engagiert sich Dr. Oetker im Tiefkühlgeschäft und gehört damit zu den Pionieren in Deutschland.
Schon immer beschäftigte die Menschheit die Frage, wie Nahrung vor dem Verderb geschützt werden kann. Für sesshafte Zivilisationen ist das Anlegen von sicheren Nahrungsvorräten ausschlaggebend für ihr Überleben. Zu den ersten Konservierungsmethoden gehören das Trocknen an der Luft, das Räuchern und das Einsalzen. Aber auch Methoden wie Fermentierung oder Luftabschluss durch Einlegen in Flüssigkeiten bzw. Fetten sind seit Jahrtausenden in vielen Kulturen gängige Praxis. Eine Besonderheit bilden die Einwohner der kalten Klimazonen, wie die Inuit. Sie nutzen seit jeher die Gegebenheiten ihres Lebensraumes, um erlegte Tiere und Fisch auf natürlich Weise tiefzugefrieren.
1923 entwickelt Clarence Birdseye in den USA eine Methode für die industrielle Tiefkühlung von Lebensmitteln. Foto: © AFFI
Neben Fisch gehört Gemüse zu den ersten TK-Produkten. Diese Bohnen wurden in den 1930er Jahren in den USA verkauft. Foto: © AFFI
Der Amerikaner Clarence Birdseye entwickelt 1923 eine Methode zur Schockfrostung von Lebensmitteln. Als studierter Biologe ist er im Laufe seiner Karriere in einigen abgelegen Regionen der USA und Kanada unterwegs. So wird er auch Zeuge der Lebensweise der Inuit. Beim Eisfischen fällt ihm auf, wie schnell aufgrund der extrem tiefen Temperaturen der gefangene Fisch an der Luft gefriert und dieser nach dem Auftauen nichts an seiner Qualität eingebüßt hat. Birdseye ist davon fasziniert und er erkennt sofort den Wert der Tiefkühlung für die menschliche Ernährung. Die Idee lässt ihn nicht mehr los und er entwickelt sein Schockfrostverfahren, welches die Nahrungsmittelindustrie revolutionieren wird. Die ersten Tiefkühlprodukte sind Fisch und Gemüse. Doch noch muss die Öffentlichkeit von der Idee überzeugt werden. Nach mehreren Rückschlägen und einer Insolvenz werden 1930 die ersten Lebensmittelgeschäfte mit Gefriertruhen ausgestattet. Aus über 20 Artikeln können Kunden wählen. Dies ist der Durchbruch für die Tiefkühlbranche in den USA.
Eine Supermarktszene mit der Dr. Oetker Werbeikone „Frau Renate“ 1962. Auch mit ihr wirbt Dr. Oetker für die Vorteile der Tiefkühlung.
In Deutschland dauert es noch etwas länger. 1955 wird Tiefkühlkost dem breiten Publikum auf der Fachmesse Anuga in Köln vorgestellt. 1957 sind auf der alle zwei Jahre stattfindenden Messe bereits zahlreiche Aussteller mit einem TK-Sortiment vertreten. Auch bei Dr. Oetker wird die Entwicklung genau beobachtet und sich entschieden, ebenfalls in den neuen Markt zu investieren. In Deutschland werden zu dieser Zeit nur 300 Gramm TK-Produkte pro Kopf und Jahr verzehrt. In den USA sind es bereits durchschnittlich 30 Kilo. Es ist eindeutig: Der Tiefkühlkost gehört die Zukunft! 1960 wird von Dr. Oetker die Tiefkühlsparte der AfU (Arbeitsgemeinschaft freier Unternehmer) in Mannheim übernommen. Sie wird in ANTA Tiefkühlkost GmbH umbenannt und der Sitz nach Bielefeld verlegt. Gleichzeitig geht ein Wettbewerber in Konkurs, tausende von Gefriertruhen in Deutschland werden nicht mehr beliefert. Es ist die Chance für die junge Firma.
1960 wird die Firma ANTA gegründet. Damit beginnt die Geschichte der Tiefkühlkost bei Dr. Oetker.
Mit großem Aufwand wird in Tiefkühllager und den Aufbau einer Vertriebsorganisation investiert. Das Aufrechterhalten der Kühlkette ist besonders aufwendig. Eine neue Fahrzeugflotte muss aufgebaut werden, um die reibungslose Belieferung des Handels sicherzustellen.
Das Einhalten der Kühlkette ist bei Tiefkühlkost besonders aufwendig. Für den Transport zum Handel sind daher Spezialfahrzeuge notwendig. Dr. Oetker investiert 1960 in den Aufbau einer eigenen LKW-Flotte.
Der Dr. Oetker Stand 1961 auf der Anuga in Köln. Die neue Speiseeissparte ist der Star des Messeauftritts.
Die Produkte der ANTA werden unter den Namen Dr. Oetker und Frosti vermarktet. Das erste TK-Sortiment unter dem Namen Dr. Oetker ist Speiseeis. Mit dem beliebten Eispulver aus den 1950er Jahren kann die Marke mit dem Hellkopf bereits erste Erfahrungen im Speiseeisgeschäft vorweisen. Jetzt geht es jedoch um verzehrfertiges Speiseeis. Die Rezepturen werden in Zusammenarbeit mit der Versuchsküche entwickelt. Neben Gebinden für den Heimverzehr werden auch Sorten Eis am Stiel angeboten.
Unter der Marke Frosti werden Gemüse und Fisch angeboten, letzterer auch im praktischen Kochbeutel. Auch an Fertigmenüs wird sich versucht. Hier haben die Verantwortlichen vor allem den professionellen Bereich im Blick, etwa die Mitarbeiterverpflegung oder Krankenhäuser.
Die Tiefkühlsparte entwickelt sich äußerst positiv, so dass sich alsbald entschieden wird, das Sortiment weiter auszubauen. Auch ein neuer Name und ein neues Logo kommen: Dr. Oetker Tiefkühlmarkt. Für jeden Geschmack und jeden Anlass werden Produkte angeboten. Das Sortiment wird um Fleisch, Kuchen und Dessertprodukte erweitert.
Zweifellsohne gehört die Tiefkühlpizza heute zu den beliebtesten Produkten im Tiefkühlbereich. Ihre Premiere feiert sie in den 1950er Jahren in den USA. 1968 bringt der Hersteller Romano Freddi eine Tiefkühlpizza in Italien auf den Markt.
Schnell erkennt Dr. Oetker das Potenzial und verkauft ab 1970 diese Pizza mit dem Namen „alla Romana“ in Lizenz. Belegt mit Tomaten, Paprika, Mortadella sowie einer Käsemischung aus Mozzarella und Provolone wird die Rohteig-Pizza im mitgelieferten Aluminium-Teller satte 30 Minuten gebacken. Sie ist sofort ein riesiger Erfolg. Das Sortiment wird stetig ausgebaut und 1981 eine eigene Produktionsstätte nur für Tiefkühlpizza aufgebaut.
Heute produziert Dr. Oetker allein in Deutschland 2,3 Mio. Pizzen am Tag.
1970 bringt Dr. Oetker die Tiefkühlpizza nach Deutschland. Der Grundstein für einen sagenhaften Erfolg!
Claus-Carsten Andresen
Pressesprecher Unternehmens- und Produktgeschichte / Archiv