Dr. Oetker Stories
Ja, tatsächlich, der bekannte deutsche Ferienflieger mit dem eingängigen Namen ist ursprünglich eine Gründung der Oetker-Gruppe. 1957 nimmt die Gesellschaft als Condor Luftreederei GmbH ihren Betrieb auf.
22.2.2023 • Geschichte
Die Fluggesellschaft Condor ist auf Touristik- und Charterflüge in Europa spezialisiert. Linienflüge, also feste Verbindungen, werden nicht angeboten. Neben dem Passagierverkehr ist die Luftfracht auf eigene und fremde Rechnung Teil des Geschäfts. Basis ist der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel. 1961 wird sie von der Deutschen Lufthansa AG übernommen.
Das erste Logo und der erste Claim der Condor Luftreederei.
Das erste Logo und der erste Claim der Condor Luftreederei.
"Lege nicht alle Eier in einen Korb" - Diesem Motto folgt Rudolf August Oetker stets, wenn es um den Ausbau der Geschäfte geht. Die Nahrungsmittelsparte der Oetker-Gruppe erwirtschaftet im Wirtschaftswunder große Umsätze und sehr erfreuliche Gewinne. Diese müssen sinnvoll reinvestiert werden, Diversifikation ist hier das Stichwort. Um das Risiko der Abhängigkeit von einer Branche zu senken, werden Geschäftsbereiche außerhalb des eigentlichen Kerngeschäfts in den Blick genommen. So wird unter anderem in die Luxushotellerie, ins Bankenwesen oder die Schifffahrt investiert. Daher hält die Oetker-Gruppe ab 1955 alle Anteile an der Reederei Hamburg Süd. Zur selben Zeit wird auch eine neue Unternehmensgruppe aufgebaut, die Finanzdienstleistungen und Versicherungsprodukte anbieten soll. Ihr Name: Condor Transport- und Rückversicherungs AG. Sie bildet die Keimzelle der späteren Condor-Gruppe. Und auch eine Fluggesellschaft wird bald dazu gehören.
In den 1950er Jahren ist der Markt für Flugreisen und Luftfracht in Deutschland noch sehr übersichtlich. Nur wenige Anbieter operieren im Markt, allen voran große Namen, wie die Deutsche Lufthansa AG mit ihrer Touristiktochter Deutsche Flugdienst GmbH oder die LTU. Insgesamt sind Stand 1957 ca. 28 Passagiermaschinen mit deutscher Kennung registriert.
Die Flotte der Condor Luftreederei setzt sich ab 1957 aus zwei brandneuen Maschinen vom Typ Convair CV440 Metropolitan zusammen. Hier ist D-ABAB über Point Loma, Kalifornien zu sehen. Die Maschinen werden von Convair in San Diego gebaut und müssen aufwendig nach Deutschland überführt werden.
Zwei dieser Maschinen gehören ab Herbst 1957 zur neugegründeten Fluglinie Condor Luftreederei. Aber warum ist eigentlich der Andenvogel Namenspatron der Airline? In den 1920er Jahren wurde von deutschen Unternehmen (u.a. der alten Lufthansa) in Brasilien die Fluggesellschaft Condor Syndikat aufgebaut, um Passagier-, Post- und Frachtflüge durchzuführen. Von diesen Pionieren ließ sich Rudolf August Oetker inspirieren.
Von ihrer Basis in Hamburg operiert die Airline als sogenannte „Bedarfsgesellschaft“ in ganz Europa. Heute wird sie als Chartergesellschaft bezeichnet. Die Condor ist mit ihren Convairs voll auf der Höhe der Zeit. Nur die Lufthansa setzt noch diesen Typ in Deutschland ein. Mit der skandinavischen Airline SAS wird ein Wartungsvertrag geschlossen, denn auch diese nutzt die CV440 Metropolitan.
Die Basis der Condor ist der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel. Die komfortablen Convair CV440 sind auf dem neuesten technischen Stand und werden auch von der Lufthansa oder der SAS eingesetzt. Letztere ist mit der Wartung der Maschinen beauftragt.
Die Basis der Condor ist der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel. Die komfortablen Convair CV440 sind auf dem neuesten technischen Stand und werden auch von der Lufthansa oder der SAS eingesetzt. Letztere ist mit der Wartung der Maschinen beauftragt.
Oberstes Gebot in der Luftfahrt ist die Sicherheit. Bei der Condor Luftreederei sind die Verantwortlichen besonders stolz auf die gewissenhafte Umsetzung der Vorschriften. So zeigt eine Fotoreportage möglichen Passagieren, warum sie sich auf die Sicherheitsvorkehrungen verlassen können. Ausführlich wird der Wartungsbetrieb in Hamburg vorgestellt.
Der Werftbetrieb am Flughafen Hamburg. Sicherheit ist das oberste Gebot in der Luftfahrt.
Der Werftbetrieb am Flughafen Hamburg. Sicherheit ist das oberste Gebot in der Luftfahrt.
Typische Ziele der Condor befinden sich am Mittelmeer oder auf den Kanarischen Inseln. Viele der Feriendestinationen sind Nonstop aber noch nicht erreichbar. Zwischenlandungen, oft auch mehrere, sind die Regel. Sie schmälern allerdings die Reiselust der Fluggäste nicht. Fliegen ist noch etwas Besonderes und ein Abenteuer. Für den Komfort an Bord und am Boden wird zudem gesorgt. Vom Stress der modernen Fliegerei mit Megaflughäfen, langen Schlangen bei der Abfertigung und schmaler Bordverpflegung ist noch nichts zu spüren.
Eine Maschine der Condor erreicht 1960 seine Endposition auf dem Vorfeld des Flughafens Barcelona-El Prat.
Eine Maschine der Condor erreicht 1960 seine Endposition auf dem Vorfeld des Flughafens Barcelona-El Prat.
Die D-ADIL im Jahre 1960 auf dem Flughafen Tanger in Marokko. Passagiere besteigen die Maschine zu Fuß. Vermutlich führt die weitere Reise nach Teneriffa, einem oft angeflogenen Ziel der Condor.
Die D-ADIL im Jahre 1960 auf dem Flughafen Tanger in Marokko. Passagiere besteigen die Maschine zu Fuß. Vermutlich führt die weitere Reise nach Teneriffa, einem oft angeflogenen Ziel der Condor.
Mit dieser Anzeige wirbt die Condor in der Dr. Oetker Mitarbeiterzeitung 1961. Oetkeraner bekommen selbstverständlich ein besonders attraktives Angebot für einen Urlaub in der Sonne.
Mit dieser Anzeige wirbt die Condor in der Dr. Oetker Mitarbeiterzeitung 1961. Oetkeraner bekommen selbstverständlich ein besonders attraktives Angebot für einen Urlaub in der Sonne.
Neben dem Ferienflugverkehr werden vor allem auch Sonderflüge durchgeführt. Einer dieser Flüge schafft es 1958 in die Schlagzeilen. In Rom wird der neue Papst gewählt. An diesem Konklave nimmt auch Thomas Tien Ken-Sin teil, der Erzbischof von Peking. Zuvor ist er in Deutschland unterwegs, wo er bei Bonn in einen Autounfall verwickelt wird und ernsthafte Verletzungen davonträgt. Zusammen mit seinen Ärzten und dem deutschen Außenminister Heinrich von Brentano fliegt die Condor den Erzbischof von Köln nach Rom und wieder zurück. Er ist voll des Lobes über Service und Durchführung des Fluges. Auch der Außenminister zeigt sich in einem Interview beeindruckt.
Auch in der Luftfracht und im Postdienst ist die Condor aktiv. Besondere Aufmerksamkeit bekommt ein Auftrag für den Axel Springer Verlag während der deutschen Fußballmeisterschaft 1960. Für sieben Wochenenden chartert der Verlag die Flugzeuge der Condor, um druckfrische Ausgaben der „Bild am Sonntag“ von Hamburg in den Rest der Republik zu transportieren. Noch in der Nacht werden die Maschinen mit jeweils ca. 100.000 Exemplaren beladen. Die Flüge gehen nach Düsseldorf und Stuttgart, so dass am Morgen Leser im Rheinland und Süden der Republik mit den neuesten Informationen zur Meisterschaft versorgt werden.
Trotz guter Auftragslage ist für die Condor als Teil der Oetker-Gruppe 1961 schon Schluss. Die Lufthansa engagiert sich immer mehr im Touristik- und Chartergeschäft. Ihre Tochter Deutsche Flugdienst setzt die kleinere Konkurrenz unter Druck. Letztendlich entscheidet sich die Oetker-Gruppe daher, die eigene Airline an die Lufthansa zu verkaufen. Die beiden Chartergesellschaften verschmelzen im November 1961 zur Condor-Flugdienst. Damit endet für Dr. Oetker das kurze Abenteuer in der Luftfahrtbranche.
Die Convair CV440 fliegen fortan für die Lufthansa, da sie diesen Typ bereits im größeren Maßstab einsetzt. Die Condor-Flugdienst setzt fortan auf den britischen Typ Vickers Viscount.
1961 fusioniert die Condor Luftreederei mit der Deutschen Flugdienst, einer Tochter der Lufthansa. Der neue Name der Gesellschaft lautet somit Condor-Flugdienst. Das Bild zeigt die Umbenennungszeremonie am Frankfurter Flughafen. Die zur Schau gestellte Maschine im neuen Design ist eine Vickers Viscount.; Bild: © Deutsche Lufthansa AG
1961 fusioniert die Condor Luftreederei mit der Deutschen Flugdienst, einer Tochter der Lufthansa. Der neue Name der Gesellschaft lautet somit Condor-Flugdienst. Das Bild zeigt die Umbenennungszeremonie am Frankfurter Flughafen. Die zur Schau gestellte Maschine im neuen Design ist eine Vickers Viscount.; Bild: © Deutsche Lufthansa AG
Claus-Carsten Andresen
Pressesprecher Unternehmens- und Produktgeschichte / Archiv