„Man nehme…“ – Über 130 Jahre Dr. Oetker Rezepte

Das erste Rezeptheft – noch ein medizinischer Ratgeber

Als allererste Dr. Oetker Rezeptsammlung gilt ein kleines Heftchen, herausgegeben 1891, dem Jahr des Kaufs der Aschoffschen Apotheke durch Dr. August Oetker. Die Übernahme markiert auch die Gründung des Unternehmens. Doch bevor Klassiker wie Backpulver oder Pudding das Sortiment dominierten, waren es typische Apothekenprodukte, die es bei Dr. August Oetker zu kaufen gab.

Der Verkaufsraum der Aschoffschen Apotheke 1937. Der Bauzustand auf dem Foto ist wie zu Zeiten Dr. August Oetkers.

Das allererste Dr. Oetker Rezeptheft von 1891.

Kostenlose Rezepte als Marketingstrategie

Mit dem Backpulver Backin gelang Dr. August Oetker der Durchbruch. Auch wenn Backpulver bereits seit Jahrzehnten bekannt war und vor allem über Apotheken verkauft wurde, war Backin 1893 etwas Revolutionäres für Heimanwender. Die Menge reichte exakt für 500 Gramm Mehl und war absolut geschmacksneutral und hygienisch einwandfrei. Das Aufgehen des Kuchens wurde garantiert. Auf der Rückseite des praktischen Tütchens befand sich zudem immer ein passendes Rezept. Die standardisierten Verpackungen erleichterten den Vertrieb enorm, was eine schnelle Verbreitung des Produkts ermöglichte. Ab 1895 Jahre sollten Rezepthefte und Flugblätter mit ausgewählten Rezepten den Absatz fördern – mit Erfolg. Zwischen 1895 und 1900 steigerte sich die Produktionsmenge von 600.000 auf über 2 Millionen Einheiten.

Mehr über die Geschichte des Dr. Oetker Backpulvers Backin.

Rezeptheft von 1898.

Die einfach anzuwendenden Rezepte fanden großen Anklang bei den Kunden. Oft waren sie vergriffen. Nicht wenige Kunden bauten über die Zeit große Sammlungen auf und gaben diese innerhalb der Familie und an nachfolgende Generationen weiter.

Aber auch Kochbücher sollten alsbald zum Angebot gehören. 1895 veröffentlichte Dr. August Oetker das Büchlein „Grundlehren der Kochkunst sowie preisgekrönte Recepte für Haus und Küche“. Es war wie ein Ratgeber gestaltet, konkrete Rezeptangaben kamen allerdings so gut wie gar nicht vor. Vielmehr wurde allgemein über die Bekömmlichkeit von Lebensmittelgruppen berichtet sowie Grundsätzliches über die Zubereitung von Brühen, Backwaren oder Fisch geschrieben. Es ist noch weit entfernt von dem, was heute unter einem modernen Kochbuch verstanden wird.

Dieses Büchlein war das erste gedruckte Buch von Dr. Oetker und wurde 1895 veröffentlicht. Es ist noch weit von dem entfernt, was wir heute unter einem Kochbuch verstehen.

Um 1907 erschien das Fortuna Kochbuch, das nach heutigen Maßstäben als erstes richtiges Kochbuch von Dr. Oetker bezeichnet werden kann.
⁠Es hatte vor allem die gesunde Ernährung zum Thema, jedenfalls das, was damals dafürgehalten wurde. Auf dem Buchcover bestimmter Ausgaben findet sich daher auch ein bemerkenswerter Hinweis: „Für’s Wartezimmer.“ Das Buch sollte werbewirksam in Arztpraxen ausgelegt werden. Gegen Einsendung von 40 Pfennig konnten interessierte Kunden das Buch erwerben. Es war 200 Seiten stark und wurde von der Hauswirtschaftslehrerin Emilie Henneking geschrieben.

Das in knallrot gehaltene Fortuna Kochbuch war wohl das erste echte Kochbuch von Dr. Oetker und erschien um 1907. Es wurde in mehreren Varianten produziert. Diese Auflage war beispielsweise für Arztpraxen bestimmt.

Das Schulkochbuch und „Backen macht Freude“

Um 1910 veröffentlichte Dr. Oetker mit dem Schulkochbuch einen der großen Klassiker der deutschen Kochbuchliteratur. Kaum ein anderes Kochbuch ist so oft und in so vielen Auflagen gedruckt worden. Eine der Quellen für die Rezepte war die unternehmenseigene Versuchsküche. Sie wurde mit dem Umzug des Unternehmens in ein neues Fabrikgebäude als eigenständige Abteilung eingerichtet. Zuvor war es unter anderem die Ehefrau des Unternehmensgründers, Caroline Oetker, die die Produkte erprobte und neue Rezepte zusammenstellte. Auch beim Schulkochbuch war die Autorin die Hauswirtschaftslehrerin Henneking. Auf 88 Seiten wurden in komprimierter Form Grundlehren des Kochens vermittelt. Darüber hinaus wurden auch Tischsitten und das korrekte Anrichten thematisiert. Das Buch avancierte zum schnell zum Bestseller. 1927 erschien eine komplett überarbeitete Neuauflage. Bis 1937 verkaufte sich das Schulkochbuch in deutscher Sprache bereits über 5 Millionen Mal!

1930 wurde ein weiterer Klassiker zum ersten Mal veröffentlicht: „Backen macht Freude“. Auch dieses Werk sollte sich millionenfach verkaufen. In diesem Buch wurde der Fokus ganz auf das Backen gelegt. Bereits die Erstauflage war mit farbenfrohen Beispielbildern der Gebäcke durchzogen, die Appetit aufs Nachbacken machen sollten.

Rezepte für jeden Geschmack

Ab den 1950er Jahren wurde das Sortiment der Dr. Oetker Koch- und Backbücher thematisch immer weiter ausgebaut. Für nahezu jede Lebensmittelkategorie gab es bald das passende Buch. Bereits in den 1960er Jahren gab es vegetarische Kochbücher und für Fleischliebhaber Kochbücher für aufwendige Braten oder die richtige Zubereitung von Wildfleisch. Selbstverständlich durften auch Fischkochbücher nicht fehlen.

Ein Kochbuch für Fisch- und Meeresfrüchte von 1971.

Die aktuellen Ernährungstrends fanden in den Dr. Oetker Publikationen immer wieder Beachtung. Im Jahr 1960 stieg das Unternehmen in das Tiefkühlgeschäft ein und gab auch hierfür ein passendes Kochbuch inklusive der Anleitung zur richtigen Tiefkühlung heraus. In den 1970er Jahren war Partyfood angesagt und in den 1980er Jahren wurde die Mikrowelle erschwinglich. Sowohl für neue Ernährungstrends als auch für technische Innovationen in der Küche wurden neue Rezepte entwickelt und ihnen ein eigenes Dr. Oetker Kochbuch gewidmet.

1960 stieg Dr. Oetker in das Geschäft mit Tiefkühlkost ein. 1965 folgte das dazu passende Kochbuch. Auch Tipps zum Heimgefrieren fanden sich im Kochbuch, immerhin war Tiefkühlkost für die meisten etwas völlig Neues.

Mehr über 100 Jahre Tiefkühlung und Tiefkühlkost bei Dr. Oetker.

Dr. Oetker Rezepte – auch international gefragt

Schon früh expandierte Dr. Oetker auf Auslandsmärkte. Bereits in den 1900er Jahren wurde das benachbarte Ausland beliefert, 1908 folgte die erste ausländische Produktionsstätte in Österreich. Es war naheliegend, dass auch Rezepthefte und Kochbücher für das Ausland produziert wurden, etwa in ungarischer oder niederländischer Sprache. Bald folgten viele weitere Länder. Für ein weltweites Publikum sind englischsprachige Rezeptbücher verständlich, etwa die beliebte Reihen German Home Baking und German Home Cooking. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden für die internationalen Märkte spezifische Bücher produziert, die auf die jeweiligen Landesküchen und landestypische Geschmäcker Rücksicht nahmen.

Von der Versuchsküche ins Internet

1996 eröffneten sich dank des Internets völlig neue Möglichkeiten der Kundenansprache. Die erste Website von Dr. Oetker ging in diesem Jahr online, damals völliges Neuland. Neben Produktvorstellungen und allerlei Spielereien durften auch die beliebten Rezepte nicht fehlen, die charmant von einer digitalen Version des berühmten Dr. Oetkers Testimonials „Frau Renate“ präsentiert wurden. Seit 1999 gibt es einen E-Mail-Newsletter, das „Rezept-Abo“, bei dem Kunden jeden Freitag kostenlos neue Rezepte erhalten.

So einfach ging es auf einmal! Kunden konnten ab 1996 Dr. Oetker im Internet besuchen und sich seit 1999 für das Rezept-Abo registrieren. Bis heute gibt es jeden Freitag einen Newsletter mit großartigen Rezeptideen. Hier anmelden!

Rezepte für das 21. Jahrhundert

Die Ernährung ist heute vielfältiger und internationaler denn je. Gerichte, Zutaten und Gewürze aus fernen Ländern gelten für die meisten Menschen längst nicht mehr als exotisch und haben vielfach Einzug in die alltägliche Speisenzubereitung gehalten. Bei der Wahl der Lebensmittel und Gerichte spielen Kriterien wie Tierwohl, Nachhaltigkeit und Unverträglichkeiten eine gewichtige Rolle und sowohl die vegetarische als auch die vegane Ernährung sind heute nicht mehr wegzudenken.

Ein veganes Backbuch von 2015.

Für all diese Ernährungsweisen hatte und hat Dr. Oetker die passenden Rezepte im Sortiment und wird auch weiterhin für modernen und zeitgemäßen Genuss stehen.

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