Dr. Oetker Stories
Mit dem Backpulver Backin gelang dem Bielefelder Apotheker Dr. August Oetker vor 130 Jahren ein unglaublicher Erfolg. Es war die Ausgangsbasis für den kometenhaften Aufstieg des Unternehmens Dr. Oetker zum bekannten Markenhersteller.
4.9.2023 • Geschichte
Heureka! Nach langem Probieren und Experimentieren hatte es Dr. August Oetker 1893 geschafft! Zeit seines Lebens wollte er immer etwas Besonderes schaffen. Sein Backpulver Backin revolutionierte das Backen zuhause und eroberte die Küchen im Sturm. Dank dieser Zutat war das Aufgehen des Teiges garantiert. Innerhalb weniger Jahre wurde aus der kleinen Apotheke ein großer Nahrungsmittelhersteller.
1862 wird Dr. August Oetker in eine Bäckerfamilie hinein geboren. Nach seinem Abitur trat er eine Apothekenlehre an, die er 1881 abschloss. 1888 erlangte er an der Universität Freiburg die Doktorwürde. 1889 heiratete er Caroline Jacobi, die im stets den Rücken stärkte, die berühmte Dr. Oetker Versuchsküche ersann und später das Unternehmen aus dem Hintergrund mitsteuern sollte. 1934 wurde sie zudem zur bis heute einzigen Ehrenbürgerin der Stadt Bielefeld ernannt.
Die junge Familie Oetker in den 1890er Jahren.
1891 zog das Paar mit Sohn Rudolf von Berlin nach Bielefeld. Dr. August Oetker erfüllte sich hier einen seiner zwei großen Träume, den Kauf einer eigenen Apotheke. Zunächst bestand das Warenangebot aus den üblichen Produkten einer Apotheke der Zeit.
Die Aschoffsche Apotheke in Bielefeld um 1891. Dr. August Oetker erfüllte sich mit ihrem Erwerb einen Lebenstraum.
Das erste Dr. Oetker Logo in einer Zeitungsannonce von 1892. Das Produktsortiment bestand noch aus typischen Artikeln einer Apotheke der Zeit.
Nach Übernahme der Apotheke machte sich Dr. August Oetker sofort daran, neue Produkte zu entwickeln, die seinen Wunsch nach etwas „Besonderem“ erfüllen sollten. Im Hinterzimmer der Apotheke, die er „Geheimbutze“ taufte, experimentierte er mit allerlei Stoffen und probierte vieles aus – nicht immer erfolgreich. Doch eine Idee ließ ihn nicht los.
Das Labor der Aschoffschen Apotheke, aufgenommen im Jahr 1937. Unter anderem hier experimentierte Dr. August Oetker an seinen Produkten.
Als Bäckerssohn war ihm bewusst, wie unzuverlässig das übliche Backpulver funktionierte. Entweder ging der Teig nicht richtig auf, die Dosierung war zu hoch oder der Geschmack litt. Oft verdarb es auch einfach sehr schnell. Backpulver war nicht wirklich brauchbar für Heimanwender, sondern etwas für Profis, wie Bäcker. Für das Backen zuhause gab es nur Hefe oder Hirschhornsalz.
Dr. August Oetker vernahm das Wehklagen der Frauen, die sich über mangelhaftes Backpulver beschwerten. Hierin sah er eine Marktlücke. Er machte sich daran, ein geling sicheres Produkt zu entwickeln. Bei einem befreundeten Bäckermeister durfte er in der Backstube verschiedene Rezepturen testen. Dessen Sohn, Eduard Müller, berichtete Jahre später über Dr. August Oetker: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, mit welcher Zielstrebigkeit er sich um eine optimale Zusammensetzung seines Backpulvers bemühte. Er ließ sich weder durch anfängliche Fehlschläge entmutigen noch durch die Skepsis, mit der mein Vater und auch ich zunächst seine Versuche in unserer Bäckerei verfolgten.“
Und der Erfolg kam. Dr. August Oetker fand das perfekte Mischungsverhältnis der Rohstoffe. Doch noch genialer war die Idee, das Backpulver, welches er liebevoll Backin taufte, in portionierten Tütchen zu verkaufen. Eine solche Portion Backin genügte für das garantierte Aufgehen von 500 Gramm Mehl. Auf der Rückseite befand sich zudem immer ein passendes Rezept, mit dem sofort losgelegt werden konnte.
Die absolute Gelingsicherheit in der Anwendung und der neutrale Geschmack überzeugten die Anwenderinnen und Anwender. So machte Backen endlich Freude! Backin fand reißenden Absatz.
Das erste Tütchen Backin aus den Beständen des Firmenarchivs. Gut zu erkennen sind das erste Dr. Oetker Logo sowie das Rezept für Topfkuchen auf der Rückseite, besser bekannt als Gugelhupf.
Mit seinem Backpulver traf Dr. August Oetker den richtigen Nerv bei den Kunden. Schnell wurde das klassische Apothekengeschäft zur Nebensächlichkeit und schließlich endgültig aufgegeben. 1894 wurde das Sortiment um Puddingpulver und Einkochhilfe erweitert. 1898 folgte die Speisestärke Gustin. All diese Produkte wurden im Hinterhof der Apotheke produziert. Die Räumlichkeiten kamen schnell an ihre Grenzen, so dass 1900 ein Fabrikneubau bezogen wurde. Auf demselben Gelände befindet sich bis heute der Stammsitz des Unternehmens Dr. Oetker.
Backpulverproduktion 1906 in der neuen Fabrik. Auch wenn noch viel händisch produziert wurde, schritt die Automatisierung damals schnell voran.
Bereits um 1900 werden jährlich 2,5 Millionen Tütchen in Deutschland abgesetzt und bis zum Jahr 1912 steigert sich der Gesamtabsatz auf beeindruckende 100 Millionen Einheiten! 1903 wird das „Verfahren zur Herstellung von dauerhaftem Backpulver oder backfertigem Mehl“ durch das Kaiserliche Patentamt unter der Nummer 144289 patentiert.
Dr. August Oetker war mehr als ein genialer Tüftler. Er war auch begnadeter Geschäftsmann. Seine Produkte und sein Name sollten zu einer Marke werden. Als einer der ersten in Deutschland erkannte er die Chancen der Werbung. Bereits 1908 wurde eine eigene Werbeabteilung eingerichtet. Zu diesem Zeitpunkt war Dr. Oetker bereits im ganzen Land bekannt und expandierte ins Ausland. Die immer neuen Produkte wurden von aufwendigen Werbekampagnen begleitet. Backin wurde so zu einem Synonym für Backpulver in Deutschland. Nicht wenige waren später sogar davon überzeugt, Dr. August Oetker hätte das Backpulver erfunden.
Werbeplakat der 1920er Jahre für Backin. Überall im öffentlichen Raum war Dr. Oetker präsent.
Ein so wichtiges Jubiläum will gebührend gefeiert werden! Das Dr. Oetker Original Backin gibt es ab September im 10er Pack in der Retro-Edition mit sieben Verpackungsdesigns aus den Jahren 1893 bis heute. Auf der Verpackungsrückseite ist zu lesen, in welchem Jahr das jeweilige Design gestaltet wurde. Die Original Backin Retro-Edition ist von September bis Dezember 2023 im Themendisplay „Weihnachtsbackhaus“ erhältlich.
Viel Freude bei der genussvollen Zeitreise!
Claus-Carsten Andresen
Pressesprecher Unternehmens- und Produktgeschichte / Archiv