Dr. Oetker Stories
Karoline Oetker, liebevoll „Lina“ genannt, war eine herausragende Persönlichkeit für das Unternehmen Dr. Oetker und die Stadt Bielefeld. Die Ehefrau des Firmengründers verband geschicktes Unternehmertum mit großem sozialem Engagement.
27.3.2024 • History
Am 14. Oktober 1867 erblickte Lina im hessischen Hanau das Licht der Welt. Dort lernte sie auch Dr. August Oetker kennen, den sie 1889 heiratete. Das Paar zog zusammen mit ihrem Sohn Rudolf 1891 von Berlin nach Bielefeld, um hier die Aschoffsche Apotheke zu übernehmen, aus der sich das Unternehmen Dr. Oetker entwickeln sollte.
In Berlin war Dr. August Oetker Teilhaber eines kleinen Unternehmens, das unter anderem Geräte für Apotheken herstellte. Unglücklicherweise liefen die Geschäfte schlecht, August Oetker zog sich gezwungenermaßen aus dieser Beteiligung zurück und verlor dabei wohl eine nicht unwesentliche Summe seines Vermögens. Doch Lina glaubte an den Erfolg ihres Mannes, finanzierte ihm 1891 den Erwerb der Aschoffschen Apotheke in Bielefeld und erfüllte ihm damit seinen Lebenstraum.
Ein Familienportrait von 1895. Links ist Lina neben Sohn Rudolf und Mann August zu sehen. Die ersten Dr. Oetker Produkte etablierten sich zu der Zeit bereits am Markt.
Lina erwies sich über die Jahre als größte Stütze ihres Mannes, privat und geschäftlich. Auf sie geht auch die Einrichtung der legendären Versuchsküche zurück, die mit dem Umzug des Unternehmens 1900 in einen Fabrikneubau in die Lutterstraße zur festen Institution wurde.
1893 brachte Lina Oetker ihr zweites Kind zur Welt, das jedoch nach drei Monaten verstarb. Dieser erste große Schicksalsschlag prägte sie und gilt als Motivation für ihr umfangreiches Engagement zum Wohle benachteiligter Kinder. Viele Jahre später dann ein weiterer schwerer Schlag: Ihr einziger Sohn Rudolf fiel im März 1916 in der Schlacht um Verdun und hinterließ seine Frau Ida und zwei kleine Kinder, Ursula und Rudolf-August.
Lina Oetker mit Sohn Rudolf und Enkelin Ursula 1915.
Daran verzweifelte auch August Oetker. Den Tod des einzigen Sohnes und designierten Erben des Unternehmens konnte er nicht verkraften. Er baute gesundheitlich ab und verstarb schließlich im Jahr 1918.
Lina war plötzlich mit dem Geschäft allein. Ihr Enkel Rudolf-August war noch Jahrzehnte davon entfernt, die Nachfolge zu übernehmen. Wohlüberlegt ging sie die Herausforderung an, damit ihr 1916 geborener Enkelsohn einmal ein gesundes Unternehmen erben konnte.. Lina navigierte die Firma durch eine ihrer größten Krisen. In der Nachkriegszeit stand die Firma nahe am Abgrund, denn Dr. Oetker war zu einem Übernahmekandidat geworden. Sie verhinderte dies, indem sie auch ihr Privatvermögen einsetzte.
Lina Oetker mit Enkelsohn Rudolf-August Mitte der 1930er Jahre.
Die Sorge um Mitarbeiter und Mitmenschen trieb Lina Oetker an. Im Jahr 1915 spendete sie 100.000 Reichsmark für die Versorgung von Kriegswaisen. 1926 trieb sie den Aufbau der Oetker-Kinderkrippe voran, die Platz für zwölf Säuglinge und 25 Kleinkinder bot.
Die Rudolf Oetker-Halle 1930 in Bielefeld. Davor ein Außendienstfahrzeug.
Auch als Mäzenin trat sie auf. Regelmäßig spendete sie große Geldbeträge an kulturelle Einrichtungen, etwa an das städtische Museum Bielefeld. Ihrer Stadt stiftete sie zudem ein Konzerthaus von Weltrang, das 1930 eingeweiht wurde und im Andenken an ihren gefallenen Sohn bis heute den Namen Rudolf Oetker-Halle trägt.
Für ihre Verdienste verlieh die Stadt Bielefeld Lina Oetker 1934 die Ehrenbürgerwürde. Bis heute ist sie die einzige Frau, der diese Anerkennung zuteilwurde.
Auszug Ehrenbürgerbrief von 1934.
Karoline „Lina“ Oetker verstarb am 07. April 1945. Nach ihrem Tod benannte die Stadt Bielefeld eine Straße sowie eine Seniorenresidenz nach ihr.
Claus-Carsten Andresen
Pressesprecher Unternehmens- und Produktgeschichte / Archiv